Rund um die Welt sind Menschen schockiert, dass ein Mann, der Verantwortung für ein Flugzeug voll Menschen trug, sich und 149 Passagiere in den Tod riss. Es scheint ein Reflex zu sein, von Geisteskrankheit zu sprechen. Oder davon, dass das zwar eine Tragödie sei, aber nichts gegen die Millionen Kriegsopfer, Verhungernden, ja sogar tausenden Verkehrsopfer.
Ich finde beide Sichtweisen nachvollziehbar, aber nicht wirklich hilfreich, denn sie gehen dem Problem nicht auf den Grund, sondern erschöpfen sich mit der Betrachtung der Oberfläche. Spannend finde ich Fragen wie: wie kann es so weit kommen, dass ein Mensch das Töten seiner selbst und anderer Menschen als die beste Option sieht? Wieso scheint unsere Zeit immer mehr solche Situationen zu produzieren? Warum gibt es für so verzweifelte Menschen keine Unterstützung, bevor es zu spät ist. Und schließlich auch: warum sind es fast immer Männer, die solche Gewalttaten begehen?
Auf diese Fragen habe ich keine wirklichen Antworten, nur Ahnungen. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass diese Fragen mich persönlich weiter bringen. Für mich ist die Frage nach der persönlichen Verstrickung viel näher. Wie gehe ich mit gewalttätigen Impulsen um? Was habe ich für Möglichkeiten in schwierigen Situationen klar zu kommen? Und wie gehe ich mit meinen Mitmenschen, besonders denen, die eine Krise durchmachen, um?
Tief berührt hat mich dieser vor zwei Jahren geschriebene Brief des Zen-Mönchs Bruder Pháp Lu’u an den Amokläufer aus Newton. Pháp Lu’u schreibt von Angst, Einsamkeit und von Gemeinschaft. Und er schreibt davon, dass wir überlebende ein schweres Erbe tragen, denn wir müssen die Gefühle, die den Täter zu seiner Gewalttat bewegt haben, in uns selbst erkennen und verstehen, um sie zu überwinden.
Ich glaube, dass der erste Schritt dahin für jeden Mann und jede Frau die Selbstkenntnis und -erkenntnis ist. Nur wer sich selbst kennen und auch annehmen lernt, kann mit seinen Schattenseiten umgehen und sie umwandeln in eine positive Kraft.
Im Männersache e.V. geben wir Gelegenheit die Verbundenheit mit der Natur zu spüren und den Frieden zu erleben, der darin steckt. Die Gruppe unterstützt dabei jeden Einzelnen und schenkt Achtung und Respekt – egal, was er leistet oder darstellt. Das schafft einen Raum, in dem jeder ermutigt wird, sich so zu zeigen, wie er ist. Das gilt insbesondere für die jungen Männer, die bei Feuerwasser und Wüstenfeuer hinaus gehen.
Das ist ganz sicher nicht die Lösung für alle Probleme – wir können und wollen zum Beispiel keine Therapie für psychisch Kranke anbieten. Es kann aber der Anfang auf einem Weg zur eigenen Kraft und Klarheit sein.